Innere Sicherheit: Verfassungsschutz überwachte 962 Verdächtige mit Kameras

Im Schnitt waren es 80 Überwachungen pro Jahr: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 insgesamt 962 Personen aus dem islamistischen Milieu per Video überwacht. Nach SPIEGEL-Informationen späht das Amt aktuell 20 mutmaßliche Islamisten, aber auch Rechtsextremisten mittels Kamera-Equipment aus.

So steht es in einer Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Das Bundeskriminalamt (BKA) ließ in den vergangenen zwölf Jahren 84 Personen per Video überwachen, um terroristische Straftaten zu verhindern oder aufzudecken. Derzeit laufen laut BKA drei Videomaßnahmen.

Das Innenministerium bestreitet, dass in seinem Zuständigkeitsbereich Verdächtige mit Anlagen überwacht werden, die biometrische Merkmale oder Verhaltensmuster von Menschen erfassen können. Doch der Antwort auf die Anfrage ist eine Liste beigefügt, aus der hervorgeht, dass Behörden, Unternehmen und Wissenschaftler an mindestens sechs Projekten zu Biometrie und Verhaltensmustererkennung forschen, die mit mehr als 13 Millionen Euro staatlich gefördert werden.

Angesichts dessen spottet der Linkspartei-Abgeordnete Jan Korte: „Ich bin gespannt, wann Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erklärt: Niemand hat die Absicht, derartige Videoüberwachungsanlagen zu errichten.“

Anschläge in Boston befeuern Debatte über verstärkte Überwachung

Seit den Anschlägen von Boston ist die Debatte über eine stärkere Videoüberwachung wieder voll entbrannt. Vor allem Innenminister Friedrich macht sich dafür stark, mehr Plätze im öffentlichen Raum mit Kameras zu beobachten. „Die Ereignisse in Boston zeigen erneut, wie wichtig die Überwachung des öffentlichen Raums durch Videokameras für die Aufklärung schwerster Straftaten ist“, sagte der CSU-Politiker. Die ersten Bilder der mutmaßlichen Attentäter von Boston wurden mit Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen gemacht.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wies die Forderungen zurück: „Der fürchterliche Anschlag von Boston sollte nicht für eine innenpolitische Debatte instrumentalisiert werden“, sagte die FDP-Politikerin der „Welt am Sonntag“. Deutschland verfüge über ausreichende Sicherheitsgesetze, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, warnte vor überzogenen Reaktionen. „Dass nach einem Ereignis wie in Boston sofort Forderungen formuliert werden, ist Teil des politischen Geschehens“, sagte Voßkuhle der Zeitung. „Bei der konkreten Umsetzung sollte dann aber wieder Besonnenheit einkehren.“ Zur Balance von Sicherheit und Freiheit gehöre auch, Gesetze zu überprüfen und gegebenenfalls wieder abzuschaffen.

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